24 Februar 2014

but a sad person is sad, in any country

behutsam aufrichten, orientieren, klar kommen. ich habs also irgendwie nach hause geschafft, habe wieder eine dieser nächte überstanden. jetzt klammere ich mich ans waschbecken während ich mich im spiegel betrachte. rote augen in grauen augenringen aus erschöpfung und schminke. sie suchen in ihrem spiegelbild nach spuren der letzten nacht.

der hiphop-abend in einer unserer lieblings kneipen. sind mal wieder fast die einzigen gäste. wie wir unser geld in bier umrechnen. hitzige diskussionen, hitzige kicker spiele, wie die erste flasche bricht.
"daran ist sie dann wohl auch gestorben." 


das waschbecken wird zum anker, der vergangenheit und realität fühlbar trennt. schon die erinnerung daran, wie einer von uns das sagte verursacht das gleiche hornissennest in meiner brust wie letzte nacht. nur, dass ich es heute morgen nüchtern ertragen muss. ich suche den kontext, aber finde ich nicht. "ich hatte mal eine freundin, die immer...". nur weiß ich nicht mehr was sie immer getan hat. er hat es gesagt, und ich habe es irgendwo in den benebelten nervensträngen meines hirns verloren.

"daran ist sie dann wohl auch gestorben."
selbst für ein billiges beileid zu vollgedröhnt. das betretene schweigen am tisch breitet sich auch heute morgen auf meinen lippen aus, doch in mir tobt ein sturm aus hass auf mich selbst. wie dumm ist es, aus angst etwas falsches zu sagen gar nichts zu sagen. wie klar ist es mir an diesem morgen, was für ein verzweifelter versuch es war, in dieser neuen stadt vor uns flüchtigen trinkfreunden diese aussagen zu treffen.

aber ich war zu vollgedröhnt. ich habe gar nichts verstanden. die vielen, schmerzenden, kleinen fehler, die wir jeden tag machen werden uns irgendwann einholen. entweder bringen sie uns um, oder wir werden uns wünschen, sie hätten es einfach getan.

18 Februar 2014

city kids

Seid ihr gut darin zu warten? auf einen Anruf, den Bus, Monatsende, oder darauf, dass sich etwas ändert? dass ihr euch ändert, oder jemand anderes? das wetter, eure laune? darauf, dass die schlechten zeiten enden?

ich nicht.

In sieben minuten kommt mein zug. ich laufe übers gleis, laufe zurück, hab keine ruhe im arsch. bald fällt mir jemand auf, der mich an eine comicfigur erinnert. später wird mir einfallen, dass es john, der besitzer von garfield aus den ganz alten garfield-comics ist. john hält mich wahrscheinlich jetzt schon für eine irre, weil ich 1. die ganze zeit auf und ab laufe und ihn dabei 2. grübelnd anglotze. nicht freundlich, nicht anzüglich, einfach mit den altbekannten falten auf der stirn.

Erst als john an der gleichen haltestelle aussteigt, den gleichen bus nimmt, bemerk ich ihn wieder. inzwischen guckt auch er. er wohnt bestimmt im guten teil dieser gegend, ist student, ich dagegen bin auf dem weg zum flüchtlingsheim, für das der gute teil zu gut war. aber auch was hier der "gute teil" ist, ist nüchtern betrachtet nichts anderes als eine abgefuckte gegend voller armut, grauen wänden, leeren herzen und verlorenen blicken.

Ich fahre selten mit diesem zug. aber als ich das wochenende drauf wieder am gleis stehe um zum bärengeburtstag zu fahren, steht john wieder am gleis. diesmal steige ich nicht mit ihm aus, aber wir heben zum gruß die hand, als der zug john im allgegenwärtigen grau zurück lässt. ich dagegen fahre weiter, um aus dieser stadt raus und in die nächste gegend zu kommen, in der es aber doch nie besser ist.

Womit können wir verhindern, dass das grau dieser städte unsere herzen erobert? von den wänden direkt in den kopf, bis tief in die seele. auch unsere graffities ändern nichts daran, wir wissen doch was wir versucht haben darunter zu verbergen. und auch geteiltes leid bleib was es ist. wir wollen nicht die sein, die es nie hier raus geschafft haben, aber gleichzeitig können wir uns nicht von dieser gegend trennen, in der an jeder ecke eine erinnerung auf uns wartet, um die wir nie gebeten haben. wir sind die kids, die darauf warten, dass uns jemand ein seil zu wirft.