12 Dezember 2013

text vom 28.05.2011


meine beine tragen mich immer weiter immer weiter durch die nacht, und ich hör sie hinter mir rufen. unter der woche ist die innenstadt nachts so leer, dass jeder platz unendlich scheint. alles ist so unfassbar. es ist die dritte nacht, die ich in folge weg bin, rausgeklettert. aber was soll ich sonst tun, um mich abzulenken? außer dem rausch ist mir nichts geblieben, glaube ich. nicht in den ferien, ohne training und all das, was jeder von mir kennt und mag. ich renne immernoch an der straße entlang, die jacke von diesem typen ist dreckig, wir haben so lange auf dem boden gelegen und nur hochgesehen. gelacht. mir ist kalt, ich renn mich warm, aber je weiter ich mich von den anderen wegbewege, desto trister wird alles. die stimmen werden leiser, der wind eisiger. so geht es schon die ganzen tage, wenn leute bei mir sind kann ich alles ertragen, sitze ich dann um 5uhr morgens wieder in der sbahn um nach hause zu fahren, bin allein, suchen mich die heulkrämpfe heim. wieso renne ich dann weg? ich weiß, ich bin so voll wie lang nicht mehr, hab getrunken und getrunken, immer mehr, bloß nicht zurückblicken, aber auch geraucht haben wir. einer der jungs hat doch immer graß dabei, und diesmal war mehr graß als tabak in dem joint, nicht so wie gestern und vorgestern. aber ich weiß wieso ich renne, da ist diese brücke. ich bleibe stehen, lehn mich raus, ich sehe autos, die mir zuwinken. ja, hier bin ich hingerannt. ich hör, wie mich jemand von ganz weit weg ruft, es dringt nicht mehr durch. die brücke, hier wollte ich hin. ich lehn mich übers geländer, der wind ist rasend. ein bein heb ich rüber, da unten wartet das glücklich sein, ganz ohne rausch. das brauche ich, denn in den letzten tagen hab ich all mein geld versoffen. ich bin pleite. und ich will die nächte nicht nüchtern ertragen. ich will weiter so machen, nachts rausgehen, morgens wieder kommen, bis mittags schlafen, etwas machen, abends heim kommen und wieder rausklettern. aber ich habe kein geld mehr. ich will das zweite bein noch rüber kriegen, aber jemand nimmt meine hand. „komm zurück, bitte, hör auf mit dem scheiß.“ er kann das nicht verstehen, alles was er sieht ist wahrscheinlich seine jacke, die gleich mit mir runtersegeln soll. ich wehr mich, ich will nicht zurück, ich bin doch schon fast am ziel angekommen. der wind treibt mir tränen in die augen. es ist der wind, oder? „komm schon, was soll das? ich helf dir dein bein wieder rüber zu kriegen, jetzt lass den scheiß, du bist völlig zugedröhnt mit graß und schnaps“ ein wimmerndes „nein“ krieg ich raus. „doch, jetzt mach, bitte, komm jetzt“ – „aber opa ist doch tot, tot, tot...“, aber da zieht er mich auch schon mit beiden armen zurück, meine füße verlassen den boden, wenn sie auch in die falsche richtung gezerrt werden, nämlich zurück auf den bordstein, der moment, in dem sie schweben ist unfassbar. kaum stehe ich wieder auf beiden beinen, zitternd, gehe ich auch schon wieder zu den anderen, als sei nichts passiert. ich bin wohl doch nicht so stark wie ich dachte. aber ich weiß jetzt, wo der weg hinführt, den ich eingeschlagen habe. ich habe die richtung gesehen, ich weiß wo es hingeht. ich weiß, wo hinunter.

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